Über das GRK

Das internationale und interdisziplinäre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Graduiertenkolleg (GRK) »Contradiction Studies« an der Universität Bremen erforscht seit Mitte 2022 die Herausbildung, Aushandlungen und Erklärungsgrenzen von Widerspruch. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass die Ordnungsfigur des Widerspruchs mit dem Gebot der Widerspruchsauflösung häufig in einem Spannungsverhältnis zu alltäglichen Erfahrungen von Widersprüchlichkeiten des Zusammenlebens steht.

Wie leben Menschen mit Widerspruch und gegen ihn? In welchen gesellschaftlichen Feldern und mit welchen Effekten sind Widersprüche an den Imperativ ihrer Auflösung gebunden? Inwieweit ist es wichtig, Beschreibungsmöglichkeiten der Aushandlung von Vielfalt und Unvereinbarkeiten zu entwickeln, die den Widersprüchlichkeiten des Zusammenlebens gerecht werden? Wie lässt sich Widerspruch als Teil der Grundlagen westlicher/nördlicher Wissensproduktion kritisch hinterfragen und dezentrieren?

Das sind einige der Fragen, die die mehr als 20 Fellows und 12 beteiligten Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften beschäftigen.

Auch die Situation unseres GRKs und unserer Fellows ist widersprüchlich. Europäische Universitäten sind selbst privilegierter Teil der etablierten Ordnungen westlich-nördlicher Modernen und das GRK ist an den Schnittstellen vielfältiger sich überlappender gesellschaftlicher Widersprüche und Konflikte positioniert. Diese reichen von Widersprüchen des Kapitalismus und politischen Widersprüchen bis hin zur Ko-Existenz von antidiskriminierenden Diversity-Programmen bei gleichzeitig fortgesetzten Exklusions- und Diskriminierungsmechanismen entlang von „Race”, Class, Gender, Sexueller Orientierung, und anderen Differenzkategorien und ihren intersektionalen Effekten. Das GRK »Contradiction Studies« ermutigt seine Fellows und Faculty, diese Widersprüche gemeinsam zu reflektieren und zum Ausgangspunkt der Entwicklung anderer Formen des Verlernens und Lernens, der Kollaboration und der Anerkennung von Vielfalt zu machen. „Doing Difference in Good Faith Together“ (Helen Verran) mag dabei als Orientierung dienen.

Konstellationen von Widerspruch, Widerspruchsvermeidung, Widersprüchlichkeiten und Praktiken des Widersprechens werden hier systematisch erforscht und als Untersuchungsgegenstände der Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften etabliert.

Auf der Grundlage von Fallstudien und genealogisch oder analytisch orientierten Projekten leistet das Kolleg Begriffs- und Theoriearbeit. Diese zielt darauf, Widerspruch, Widersprüche und Widersprechen in ihren empirischen Konstellationen, heuristischen Funktionen und ontologischen Dimensionen neu zu bewerten – auch im Sinne einer Kosmopolitisierung und Pluralisierung von Wissensproduktion, die sich gegen die oft unhinterfragte Dominanz westlich-nördlicher Epistemologien richtet.

Auf dieser Seite finden Sie Informationen über unsere Fellows und die beteiligten Wissenschaftler*innen und unser Forschungsprogramm ebenso wie über unserer Veröffentlichungen, Veranstaltungen und andere Neuigkeiten.

Wenn Sie Fragen haben, freuen wir uns, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen.

ein (aufzu)lösendes Problem

„Widerspruch ist oft nicht primär ein (aufzu)lösendes Problem, sondern eine Antriebskraft, ohne die es nicht geht.“

Martin Nonhoff
Raum

„Mit Niklas Luhmann kann man Raum als ‚Sondereinrichtung zur Negation von Widersprüchen‘ begreifen.“

Julia Lossau
Illusion einer Einheit

»Foucault spricht vom Widerspruch als die Illusion einer Einheit

Ingo H. Warnke
Ideal einer widerspruchsfreien Welt

„Wissenschaft war lange beseelt von dem Ideal einer widerspruchsfreien Welt, in der sich logische Ordnungen mit Gesellschaft, Politik, Kultur und Sprache verbinden sollten. Im GRK Contradiction Studies arbeiten wir an Beschreibungsmöglichkeiten für die Vielfältigkeit und Komplexität, die Gefährdung und Schönheit der Welt, die über Konzepte der Widerspruchsfreiheit hinausgehen.“

Michi Knecht
Bhabha zu Aufklärung und Kolonialität

„Homi Bhabha sagt über den Widerspruch zwischen den Idealen der Aufklärung, dem Anspruch auf Demokratie und Solidarität und der gleichzeitigen Kolonisierung und andauernden Kolonialität: ‚Diese ideologische Spannung, die in der Geschichte des Westens als despotische Macht im Moment der Geburt von Demokratie und Moderne sichtbar wurde, ist noch nicht angemessen in einer widersprüchlichen und kontrapunktischen Diskurstradition beschrieben worden.‘“

Kerstin Knopf