Der lebendige Körper und das kapitalistische Denken der modernen Ökonomie scheinen unvereinbare Gegenstände zu sein. Dennoch sind ihre Geschichte und Wahrnehmung spätestens seit der Zeit der Industrialisierung und Kapitalisierung im 19. Jahrhundert untrennbar miteinander verbunden. Unser Band betrachtet diese verflochtene Geschichte und die verschiedenen Widersprüche, die sich daraus entwickeln.

Seit Pierre Bourdieu wissen wir, dass der Körper ein inkorporiertes kulturelles und soziales Kapital darstellt. Er ist eine Ware und ein Produktionsmittel, ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse, ein Ort, an dem Geschlechter- und Machtverhältnisse ausgehandelt werden oder ein Vorwand für soziale Ausgrenzung und Rassismus. Der Körper ist Gegenstand von Bestrafungen, Sanktionen und sozialer Kontrolle, Träger von Affekten, Obsessionen und Krankheiten sowie Ort der Rebellion und des Widerstands. All das erzählen die Romane des 19. Jahrhunderts, die in den Beiträgen dieses Bandes analysiert werden. Aus der Perspektive der aktuellen Body Studies schlagen wir eine neue Lesart der großen Geschichten von Balzac bis Zola über Mirbeau, Maupassant, Louise Michel, Georges Sand, Rachilde, Eugène Sue und Huysmans vor, um anhand ihrer Texte zu zeigen, wie die Bilder vom Körper und die Politik des Kapitals miteinander verflochten sind und so einen zentralen Teil der Vorstellungswelt und des Gedächtnisses der französischen (wie auch der nördlichen/westlichen) Gesellschaft des 19. Jahrhunderts bildet.


Band 110 in der Reihe Literaturwissenschaft


ISBN: 978-3-7329-0916-2

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ein (aufzu)lösendes Problem

„Widerspruch ist oft nicht primär ein (aufzu)lösendes Problem, sondern eine Antriebskraft, ohne die es nicht geht.“

Martin Nonhoff
Diversität und Vielfalt

„Seid dabei, mehr Diversität und Vielfalt in die Wissensproduktion zu bringen.“

Gisela Febel
Grenzen

„Widerstand ist ein demokratisches Recht, manchmal sogar eine Pflicht. Mit der Literatur können wir dafür Modelle finden und über Grenzen nachdenken.“

Gisela Febel
täglich

„Leben in Widersprüchen ist das, was wir täglich erleben. Warum wissen wir darüber so wenig?“

Gisela Febel
Normhierarchie

„Wenn sich gesellschaftliche Widersprüche im Recht widerspiegeln, kann das Recht keine widerspruchsfreie Normhierarchie ausbilden.“

Andreas Fischer-Lescano