Prof. Dr. Kerstin Knopf

Ich bin Professorin für nordamerikanische und postkoloniale Literaturen und Kulturen und interessiere mich in der Forschung vorranging für Kolonialität und mögliche Dekolonisierung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und Prozessen. Daraus erwachsen meine spezifischen Forschungsinteressen, wie z.B. indigene und postkoloniale Filme und Literaturen weltweit, deutscher Kolonialismus im Pazifik, seine Auswirkungen und neokolonialen Bedingungen sowie post/koloniale Texte im Pazifik, oder auch Literaturen von marginalisierten Gruppen in Kanada und den USA, wie z.B. afro-kanadische, indigene/ChicanX Literatur oder Gefängnisliteratur. Ein weiteres wichtiges Feld meiner Forschung sind wissensbezogene Machtverhältnisse, postkoloniale und indigene Wissenssysteme und Dezentrierung von Wissen und Wissenspraktiken in Nordamerika und anderen englischsprachigen Siedlerstaaten. 

Unsere Welt ist voller Widersprüche, von denen viele durch fortwährende Kolonialität, Siedlerkolonialismus, Versklavung, anti-blackness, Diskriminierung, Rassismus, Xenophobie, Homo- und Transphobie, Sexismus, ageism, ableism, Totalitarismus und vieles andere reproduziert werden. Daraus erwachsende hegemoniale Praktiken, Diskurse und Normen sind noch immer maßgeblich bestimmend für Bedingungen des Lebens, administrative, politische und soziale Strukturen, Bildungssysteme, Text- und Wissenspraktiken in den ehemaligen kolonisierenden und kolonisierten Nationen, wie auch für noch immer kolonisierte indigene Menschen in kolonialen Siedlerstaaten. Solche politischen, sozialen, rechts- und bildungsbezogenen Hegemonien, Machthierarchien, Formen von Unterdrückung und Gewalt trafen und treffen immer auf antikoloniale, antirassistische und antidiskriminierende Bewegungen, auf Bewegungen gegen eurozentrische Dominanz und Allgegenwärtigkeit sowie auf akademische Schulen, die schwarze, indigene, postkoloniale und dekolonisierende Wissenschaft hervorbringen. Diese widersprüchlichen Positionen und Praktiken, aber auch heterogene Konstellationen, die widersprüchliche und oppositionelle Positionen und Praktiken integrieren, begegnen uns auf Schritt und Tritt in unserer globalisierten Welt. Diese Makro- und Mikroerscheinungsformen von Widersprüchen sowie widersprechende oder widerständige Standpunkte und Prozesse aufzuspüren und zu analysieren, ist eine neue Herausforderung, die uns helfen wird, eurozentrische Normierungspraktiken und neokoloniale Positionen und Prozesse aufzuzeigen und dagegen zu arbeiten. 

Meine Arbeitsgruppe besteht aus DoktorandInnen und Postdoc-ForscherInnen aus Deutschland, Nigeria, Indien, der Türkei und den USA, die an Projekten zu afrikanischer Migrantenliteratur, Frauenliteratur in Afrika, Literatur des Hungers, Frauen und Film in der Türkei, ChicanX und mexikanischer Film, Deutsch-Amerikanische Dichtung und verdammte Frauenfiguren in Nordamerika arbeiten. Ich bin mir der Asymmetrien in der globalen akademischen Landschaft voll bewusst sowie meiner privilegierten Position innerhalb des deutschen Universitätssystems und unterstütze antikoloniale, antirassistische und dekolonisierende Wissenschaft. Potentielle KandidatInnen sind eingeladen, Teil des GRK und meiner AG zu werden, mit Projekten in Bezug zu Formen, Erscheinungen und Wirkungsweisen von Widersprüchen und widersprechenden Praktiken in unserer vielfältigen und pluralistischen Welt, und so kritische und pluriversale Wissensproduktion mitzugestalten. 

relational

»Zunächst dachte ich, Widerspruch ist immer eine relationale Sache; je mehr ich aber darüber nachdenke, um so eher meine ich, Widerspruch ist relationierend.«

Ingo H. Warnke
Ist Widerspruch eurozentrisch?

„Ist Widerspruch ein eurozentrisches Konzept, operatives Phänomen und Machtinstrument?“

Kerstin Knopf
Stadt

„Die Stadt ist nicht nur ein Labor der Moderne, sondern auch ein Labor von Widersprüchen.“

Julia Lossau
Bhabha zu Aufklärung und Kolonialität

„Homi Bhabha sagt über den Widerspruch zwischen den Idealen der Aufklärung, dem Anspruch auf Demokratie und Solidarität und der gleichzeitigen Kolonisierung und andauernden Kolonialität: ‚Diese ideologische Spannung, die in der Geschichte des Westens als despotische Macht im Moment der Geburt von Demokratie und Moderne sichtbar wurde, ist noch nicht angemessen in einer widersprüchlichen und kontrapunktischen Diskurstradition beschrieben worden.‘“

Kerstin Knopf
Ideal einer widerspruchsfreien Welt

„Wissenschaft war lange beseelt von dem Ideal einer widerspruchsfreien Welt, in der sich logische Ordnungen mit Gesellschaft, Politik, Kultur und Sprache verbinden sollten. Im GRK Contradiction Studies arbeiten wir an Beschreibungsmöglichkeiten für die Vielfältigkeit und Komplexität, die Gefährdung und Schönheit der Welt, die über Konzepte der Widerspruchsfreiheit hinausgehen.“

Michi Knecht