Prof. Dr. Dr. Norman Sieroka
Die Philosophie beschäftigt sich immer wieder mit Widersprüchen, mit dem Widerspruchsbegriff und mit Versuchen, den Widerspruch systematisch einzubinden. Gemeinsam ist diesen Auseinandersetzungen letztlich das Ausloten dessen, was an der Grenze des Denk-, Sag- bzw. Erfahrbaren liegt.
Ich selbst forsche insbesondere zum Thema Zeit und zur Philosophie von Einzelwissenschaften. Mein Interesse an Einzelwissenschaften liegt nicht zuletzt daran, dass ich einen akademischen Hintergrund auch in Physik und Mathematik habe und seit langem immer wieder in interdisziplinären Verbünden und ThinkTanks arbeite. (Weitere Informationen dazu wie auch Aktuelles aus meiner Arbeitsgruppe finden Sie hier: www.uni-bremen.de/theophil)
Auch in meinen Forschungsfeldern geht es oft um besagte Grenzen, um Spannungsverhältnisse und Widersprüche: Erlebte und gemessene Zeit sind nicht immer im Takt bzw. intakt; die Zeitkonzepte unserer grundlegendsten physikalischen Theorien (Quantenphysik und Relativitätstheorie) passen nicht zusammen; Theorien und Modelle, auch wenn sie einander sogar formal widersprechen, werden nicht selten gemeinsam verwendet; usw. Philosophische Promotionsprojekte im Rahmen des GRK Contradiction Studies könnten sich dementsprechend mit der Frage beschäftigen, inwiefern genau sich in welchen Disziplinen einzelwissenschaftliche Theorien widersprechen; inwiefern Widersprüche selbst begriffliche Entwicklungen vorantreiben können; inwiefern Zeit in welchen Kontexten widersprüchlich erfahren werden kann; inwiefern es überhaupt widersprüchliche Wahrnehmungen (etwa beim Hören) geben kann; u.v.m. Das übergeordnete Ziel der Philosophie wäre es dann, hier eine inhaltlich relevante und tragfähige Gesamtschau von Widerspruchsphänomenen zu geben und zugleich auch deren Rolle in Gesellschaft und Wissenschaft zu beleuchten.