“Das Gebot der Widerspruchsfreiheit erzeugt im Allgemeinen eine Kohärenz im Denken, die oftmals im Widerspruch zur Komplexität des Sozialen steht.”

Prof. Dr. Yan Suarsana

Als Professor für Religionswissenschaft mit Schwerpunkt auf der Globalgeschichte des Christentums befasse ich mich besonders mit den historischen Verflechtungen der christlichen Religion mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Diskursen. Mein besonderer Fokus liegt dabei auf der Kolonialzeit, wobei ich konzeptuell in der poststrukturalistischen Theorie und der postkolonialen Religionsforschung verortet bin.

In diesem Rahmen interessiert mich besonders, wie die gewaltsame Expansion europäischer Mächte im 19. Jahrhundert zeitgleich zu einer globalen Neuausrichtung des Wissens über Religion geführt hat: Zum einen, indem altes Wissen über „die Anderen“ aufgrund der neuen Begegnungssituation in allen Kontexten revidiert werden musste; zum anderen, weil nun zentrale Denkmodelle auf einer globalen Ebene ausgehandelt wurden und daher in allen Regionen der Welt konkrete Veränderungen auslösten, die bis heute bedeutsam sind. Dass Widerspruch dabei einen konstitutiven Bestandteil der neuen Wissensordnungen (insbesondere im Bereich der Religionen) bildet, ist unmittelbar ersichtlich: Dies betrifft nicht nur das neue Bewusstsein für verschiedene, sich scheinbar widersprechende „Weltreligionen“, sondern auch die widerspruchsbehaftete Konfrontation der neuen globalen Wissensordnung mit älteren lokalen Formen.

Als Christentumshistoriker beschäftige ich mich in diesem Zusammenhang besonders mit der Verflechtung des Christentums mit solchen Traditionen, die dieser Religion im 19. Jahrhundert als vergleichbare Größen gegenübertraten – ein Diskurs, der unser heutiges Denken über (Welt-)Religionen maßgeblich prägte, und der selbst noch immer von Widersprüchlichkeiten durchzogen ist.

Das Kolleg ergänze ich daher um die historische Perspektive auf Widerspruch, indem ich den Fokus auf Genealogien und geschichtlich-kontextuelle Verflechtungen konkreter Widerspruchsformationen lege. Vor diesem Hintergrund freue ich mich besonders auf Projektvorschläge mit historiographischem Zugang, die historische Diskurse um Religion in ihrer Widersprüchlichkeit und Kontingenz kultur- und religionswissenschaftlich erforschen wollen, sei es im Bereich der Christentumsgeschichte oder aber auch in anderen, damit verflochtenen, religiösen Kontexten!

Illusion einer Einheit

»Foucault spricht vom Widerspruch als die Illusion einer Einheit

Ingo H. Warnke
relational

»Zunächst dachte ich, Widerspruch ist immer eine relationale Sache; je mehr ich aber darüber nachdenke, um so eher meine ich, Widerspruch ist relationierend.«

Ingo H. Warnke
Widerspruch benennen

»Widerspruch wird da real, wo jemand Widerspruch benennt.«

Ingo H. Warnke
anhaltendes Widersprechen

„Die Geschichte der abendländischen Philosophie lässt sich verstehen als ein anhaltendes Widersprechen und als eine anhaltende Auseinandersetzung mit Widersprüchen.“

Norman Sieroka
ein (aufzu)lösendes Problem

„Widerspruch ist oft nicht primär ein (aufzu)lösendes Problem, sondern eine Antriebskraft, ohne die es nicht geht.“

Martin Nonhoff