Linguistische Widerspruchsforschung

Jonas Trochemowitz (GRK Contradiction Studies)

01.12.2023 Kein Enddatum 16:00 18:00 Uhr

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg A01 0-005 & online

Seien es antonymisch semantische Kontraste, syntaktische Unvereinbarkeitsrelationen, ironisch selbstwidersprüchliche Aussagen oder kommunikative Protestpraktiken, das Thema Widerspruch ist jeher von Interesse für linguistische Forschung gewesen. Wenngleich die von Acke und Warnke (2018) aufgeworfene Frage, ob Widerspruch ein linguistischer Gegenstand ist, in verschiedenen Arbeiten seither mit einem eindeutigen Ja beantwortet worden ist (vgl. Nintemann & Stroh 2022) und sich auch schon zuvor in verschiedenen Arbeiten linguistisch mit Widersprüchen beschäftigt wurde (vgl. Spranz-Fogasy 1986), so stellt sich die bisherige Forschung als weitgehend disparat dar. So lässt sich beobachten, dass entgegen der eindeutigen Relevanz von Widerspruch für linguistische Analysen und des weiten Interesses an widerspruchsaffinen Themen, die bisherigen Forschung weitgehend teildisziplinär orientiert ist und bisweilen nicht die Rede von einer systematischen Widerspruchsforschung sein kann oder gar einer linguistischen Widerspruchstheorie. In meinem Vortrag möchte ich dafür plädieren, dass die noch junge Disziplin der Contradiction Studies (vgl. Febel et al. 2023) einerseits einen Rahmen bieten kann, die linguistischen Interessen am Thema Widerspruch sinnvoll zusammenzuführen und anderseits eine interdisziplinäre Anschlussmöglichkeit für linguistische Forschung ermöglicht. Diesbezüglich möchte ich den vagen Begriff ›Widerspruch‹ disambiguieren und anhand verschiedener Lesarten aufzeigen, mit welchen widerspruchsaffinen Phänomenen die Linguistik sich bisweilen beschäftig hat und wie es möglich ist, zwischen diesen Bereichen Brücken zu bauen. Hierbei möchte ich vereinzelt aus einer diskurs- sowie religionslinguistischen Perspektive auf meine eigene Forschung zu liturgischen Sprachpraktiken in Gottesdiensten eingehen. Die Widerspruchsthematik ist hier insofern relevant, als dass ich mich in meiner Forschung der Frage widme, wie queer-christliche Identitäten in Gottesdiensten sichtbar gemacht werden und welche Spannungen sich zu konservativen sowie heteronormativen Vorstellungen von Sprache und Religiosität in kirchlichen Kontexten ergeben.

Im Rahmen des 15. Nordwestdeutschen Linguistischen Kolloquium (NWDLK)

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Afterlife of colonialism

“Contradiction comes in many different forms. None is so debilitating than when the coloniser transitions, textually not politically, to decoloniality without taking the responsibility for the afterlife of colonialism, which they continue to benefit from. Self-examination and self-interrogation of the relations of coloniality, a necessity, seem nearly impossible for the coloniser who continues to act as beneficiary, masked in the new-found language of White fragility, devoid of an ethical responsibility of the very system of White domination they claim to be against.” (Black Consciousness and the Politics of the Flesh)

Rozena Maart
Dekoloniale Wissensproduktion

„Dezentralisierende und dekolonisierende Wissensproduktion über Widerspruch, widersprüchliche Phänomene und widersprechende Prozesse ist eine herausfordernde Aufgabe.“

Kerstin Knopf
Diversität und Vielfalt

„Seid dabei, mehr Diversität und Vielfalt in die Wissensproduktion zu bringen.“

Gisela Febel
Grenzen

„Widerstand ist ein demokratisches Recht, manchmal sogar eine Pflicht. Mit der Literatur können wir dafür Modelle finden und über Grenzen nachdenken.“

Gisela Febel
Paradoxie

„Die Grundlage des Rechts ist keine Idee als systematisches Einheitsprinzip sondern eine Paradoxie.“

Andreas Fischer-Lescano